Die Lausitz im Ersten Weltkrieg

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Der erste Weltkrieg

Der Alltag in der Lausitz zu Zeiten des 1. Weltkriegs

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Die Wirtschaft in der Lausitz

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Lausitzer Kohle, Tücher und Glas

Während des Ersten Weltkrieges war so gut wie jede Industrie von dessen Folgen betroffen. Auch in der Lausitz war ab 1914 die Umstellung auf Kriegsrüstung spürbar. Während die Glasproduktion zum Erliegen kommt, steigt die Nchfrage nach Kohle und Militärtextilien.

Vor der Ausgabestelle der „Neusten Nachrichten in Weißwasser“ haben sich kurz nach Beginn des Krieges zahlreiche Menschen versammelt. „Jeder wollte wissen, was die neuen Telegramme beinhalten“, sagt Werner Schubert, der sich mit der Entwicklung der Glasmacherstadt Weißwasser beschäftigt hat. Alle Unterhaltungen, vor allem an den vielen Glasmacheröfen, drehten sich um den Krieg. Die wehrpflichtigen Arbeiter stellten ihre Arbeit ein, um sich von ihren Familien zu verabschieden. Sie mussten sich in Horka zum Landsturm am sechsten Mobilmachungstage melden.

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Glas aus der Lausitz

„Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Bergleute unter dem heutigen Stadtgebiet gut 65 Kilometer Stollen ausgehoben, um an die Braunkohle heranzukommen“, erklärt Schubert. Diese wurde vor allem für die Produktion von Glas verwendet, wodurch Weißwasser einen sprunghaften Anstieg der Bevölkerung erfuhr. „Lebten um 1900 etwa 6500 Menschen in Weißwasser, waren es 1912 bereits 12 300“, so Schubert. In der Glasindustrie und ihren verwandten Betrieben waren daher etwa 75 Prozent der Einwohner beschäftigt. „Bis zum 9. August hatte Weißwasser sofort 1000 Mann gestellt“, weiß Schubert. 422 sollten nicht mehr zurückkommen.

Dies hatte Folgen: Noch während des Krieges war der Export von Glas, dass Weißwasser in jenen Tagen zum Zentrum der Welt für dessen Produktion gemacht hatte, komplett zusammengebrochen. Arbeiter wurden zu Soldaten und verließen auch die Schmelzöfen von Döbern, Bad Muskau oder Tschernitz. „Die Glasindustrie war damals nicht kriegsentscheidend“, erläutert Schubert.

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Tuchproduktion in der Lausitz

Anders stellte sich die Situation in Forst, dem „Manchester der Lausitz“, dar.Dort war die Tuchproduktion, genauso wie in Spremberg und Cottbus, von militärischer Bedeutung. „Die Textilindustrie prägte Forst stärker als jede andere Niederlausitzer Stadt“, verdeutlicht Forsts Stadtarchivar Dr. Jan Klußmann. Bei Kriegsbeginn 1914 bestanden in Forst etwa 280 Betriebe, davon aber nur 30 Volltuchfabriken. Vor Kriegsbeginn hatten Uniformproduktion und sonstige Militäraufträge für das Niederlausitzer Textilgewerbe nur eine geringe Bedeutung gespielt. „Schon Ende 1914 überwog die Herstellung von Militärdecken die zivile Tuchproduktion bei Weitem“, so Klußmann.

Die Qualität der Kriegswaren verminderte sich aufgrund der Rohstoffknappheit dabei jedoch enorm. Bestanden die Militärdecken anfangs noch zu 70 Prozent aus Naturwolle und nur zu 30 Prozent aus Kunstwolle, so hatte sich das Verhältnis bis 1917 bereits umgekehrt.

Durch den Ersten Weltkrieg erfuhr die Lausitzer Wirtschaft eine grundlegende Umstrukturierung. Eine erhebliche Herausforderung, gerade für Forst, stellte die von der Heeresverwaltung ab 1915 geforderte Typenfabrikation für Militärtuche dar, die für die für Forst typischen Klein- und Teilbetriebe schwer zu bewerkstelligen war. „Textilbetriebe wurden zu ‚Höchstleistungsbetrieben’ zusammengelegt und verloren ihre Selbstständigkeit“, sagt Klußmann. Bevorzugt konzentrierte sich die Kriegswirtschaft auf große Betriebe mit Voll- oder mehrstufiger Produktion, das heißt, die vielen Forster Lohn- und Pachtbetriebe wurden oft stillgelegt.

Die Forster Industrie war von allen deutschen Textilstädten daher am stärksten von Betriebsstilllegungen betroffen: Von 161 Forster Textilbetrieben wurden nur 34 als Höchstleistungsbetriebe anerkannt. Diese erhielten bevorzugt Militäraufträge und Rohstoffe. Andere Betriebe mussten dagegen schließen oder wurden offiziell stillgelegt – in den acht Niederlausitzer Tuchstädten wurden von 269 Betrieben insgesamt 168 stillgelegt. Immerhin noch 10 von 161 Forster Textilbetrieben arbeiteten eingeschränkt weiterhin für den zivilen Bedarf. Das war zwar eine geringe Zahl, aber im regionalen Vergleich ungewöhnlich.

So blieb Forst, neben Sommerfeld (polnisch: Lubsko), in der Region der Hauptproduktionsort für textile Zivilware während des Krieges. Insgesamt sank die Forster Textilproduktion dennoch stark der Ausstoss an Tüchern ging von knapp 10,5 Millionen Kilogramm 1914 fiel bis 1918 um mehr um ein Fünftel auf 1,8 Millionen zurück. Die ortsansässige eisenverarbeitende Industrie konnte dagegen leichter auf die Herstellung und Reparatur von Eisenbahnwaggons, Munitionswagen und vor allem aber auf das Drehen von Granaten umstellen.

Nach dem Krieg ist nicht vor dem Krieg

Forst. Große Anstrengungen waren für die Demobilisierung und die Rückführung der zurückkehrenden Soldaten in das zivile Leben in der Lausitz erforderlich. „Dafür wurde in Forst ein Demobilmachungsausschuss eingerichtet“, erklärt der Forster Stadthistoriker Jan Klußmann. Arbeitslosigkeit in hohem Umfang versuchte man durch Notstandsarbeiten aufzufangen. Im Rahmen dieser Arbeiten wurden das Forster Stadion bis 1921 errichtet, Neupflasterungen im Umfang von mehr als elf Kilometer in Forst durchgeführt und die Eindeichung der Neiße begonnen. Eine weitere Folge des Krieges war die Einrichtung einer umfangreichen Kriegsbeschädigtenfürsorge und der Ausbau der schon im Krieg einsetzenden Erwerbslosenfürsorge, mit der das heutige Arbeitsamtswesen ins Leben gerufen wurde.

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Das Lautawerk war eine Notlösung

Ohne Kupfer und Aluminium als Leitermaterial ist die Stromversorgung so gut wie undenkbar. Importierte das Deutsche Reich bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges beide Metalle in Größenordnungen, war damit ab Sommer 1914 Schluss. Drei Jahre später schlug die Geburtsstunde des Lautawerkes.

Lauta. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges konnte das deutsche Kaiserreich quasi aus dem Vollen schöpfen. Im Jahr 1913 wurden rund 300 000 Tonnen Kupfer verarbeitet, davon ein Drittel allein in der Elektroindustrie, merkt Peter Josef Belli, Autor des Werkes „Das Lautawerk der Vereinigten Aluminium-Werke AG (VAW) von 1917 bis 1948“ unter Berufung auf eine Denkschrift der Bayerischen Aluminium-AG vom März 1920 an. Allerdings gab es in Deutschland kaum förderwürdige Kupferlagerstätten. Demzufolge wurde das begehrte Buntmetall aus dem Ausland importiert. Als Hauptlieferanten galten Schweden, Norwegen und Spanien. Doch nach Kriegsausbruch war die deutsche Industrie von der Zufuhr dieser Rohstoffe abgeschnitten.

Als Ersatz bot sich das Leichtmetall Aluminium an, das ähnlich gute Leiter-Eigenschaften wie Kupfer besitzt. Auch hierbei gab es laut Belli einen nicht unerheblichen Wermutstropfen: Da sich auf deutschem Boden lediglich eine Aluminium-Hütte befand, und zwar im badischen Rheinfelden, musste der weitaus größere Teil ebenfalls eingeführt werden. Bisherige Lieferanten wie Frankreich, England und Kanada gehörten ab dem Jahr 1914 zu den Kriegsgegnern. Aluminiumexporte blieben also aus. Zwar konfiszierte das Kaiserreich Metalle für seine Kriegszwecke, doch reichten die Mengen nicht aus.

Neue Werke mussten her. Direkt nach Kriegsbeginn erfolgte der Aufbau der Hütten in Rummelsburg bei Berlin, Horrem bei Köln und Bitterfeld. Durch das sogenannte „Hindenburg-Programm“, benannt nach Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, nahm die Planung eines wesentlich größeren Aluminiumwerks Gestalt an.

Diese neue Fabrik, die auf einem Gelände ein Kraftwerk, eine Tonerde- und Elektrodenfabrik sowie die eigentliche Aluminiumhütte vereinigt, sollte im Raum Halle-Bitterfeld errichtet werden. Doch aufgrund der dortigen Konzentration der stark auf Braunkohle angewiesenen Industrien fiel die Entscheidung letztendlich zugunsten der Niederlausitz, speziell auf eine Fläche der Ilse Bergbau AG nahe des Dorfes Lauta. Mit der Gründung der „Vereinigten Aluminiumwerke AG“ (VAW) im April 1917 startete der Bau der Anlagen mitten in der „Lautschen Heide“.

Der Standort südöstlich des Dorfes Lauta schien nach Angaben von Siegfried und Angelika Erler von der örtlichen Seniorenakademie, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1995 mit der Historie des Industriestandortes befasst, als sehr günstig. „Die Kohlengrube Erika lag nur wenige Kilometer entfernt, es gab einen Bahnanschluss und reichlich Wasser aus der nahen Schwarzen Elster“, erklärt Angelika Erler. Der Kohlenliefervertrag zwischen der Ilse Bergbau AG und der VAW war übrigens auf 50 Jahre angelegt.

Nach der Grundsteinlegung des Werkes im April 1917 wurde am 17. Oktober 1918 das erste Aluminium geschmolzen. Dazu waren zeitweise bis zu 13 000 Arbeiter tätig. Kriegsentscheidend wurde das produzierte Aluminium nicht mehr, denn nur knapp einen Monat später ging die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ mit der deutschen Niederlage zu Ende.

Anschließend durchlief das junge Lautawerk eine Durststrecke, da das Leichtmetall nicht mehr gefragt war. Hinzu kamen Produktionseinschränkungen durch den Versailler Vertrag, in dem die deutsche Kriegsschuld festgehalten war. In späteren Jahrzehnten erlebte der Betrieb Höhen und Tiefen, Rekordproduktionsmengen, Zerstörung und Demontage. Nach dem Bau zweier Aluminumelektrolyse- Hallen und der Wiederaufnahme der Aluminiumproduktion anno 1964 zählte das Lautawerk DDRweit zu den Großbetrieben. Unmittelbar nach der Wende erfolgte jedoch die Stilllegung mit nachfolgendem Abriss. Heute befindet sich auf der Fläche neben der Thermischen Abfallbehandlung TA Lauta, der Rygol Dämmstoffe GmbH und weiterer Firmen ein riesiger Solarpark.